(DailyFX.de) Nicht nur die ohnehin schon explosiven Risiken des Gemischs aus dem Wiederaufflammen der Turbulenz am Anleihemarkt, den Griechenland-Sorgen und der Euro-Rallye stießen den DAX tief, sondern auch die brüchige Waffenruhe in der Ukraine und starke Schwankungen in der Nacht an der chinesischen Börse dominierten die heutige Sorgenliste und ließen die Nervosität an den Märkten wieder aufleben.
Gestern hat die Bereitschaft der EZB, das Anleihekaufprogramm bis September 2016 weiter fortzuführen, Aktionäre noch bei Laune gehalten, doch die Stimmung kippte. Unter 11.400 Punkte startete der DAX in den Handel und brach zwischenzeitlich unter 11.200 Punkte. Noch oberhalb des Mai-Tiefs gelang dem deutschen Börsenbarometer dann ein Stabilisierungsversuch. Auch der Abverkauf am Rentenmarkt setzte sich heute fort. Der deutsche Anleihemarkt spürte das Nachbeben der Worte Mario Draghis, „an volatilere Zeiten müsse man sich gewöhnen“. Wer zuvor mit einem Eingreifen und verstärkten Stützungskäufe der EZB in turbulenten Marktphasen am Anleihemarkt rechnete, wurde nervös.
Der für den deutschen Rentenmarkt richtungsweisende Euro-Bund-Future fiel zwischenzeitlich unter 150. Zehnjährige Bundespapiere rentierten auf dem höchsten Stand des Jahres. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihe berührte 0,99 Prozent und verdoppelte sich damit nahezu in dieser Handelswoche. Die auftretenden Veränderungen in den Zinsdifferentialen zwischen US- und deutschen Langfristzinsen gleichen einem Katalysator für die EUR/USD-Kurserholung. Der Euro stieg gegen den US-Dollar auf den höchsten Stand seit zwei Wochen und gegenüber dem japanischen Yen auf ein 5-Monatshoch.
Angesichts der präsenten Sorgen wurde das beschleunigte Wachstum des deutschen Einzelhandels von Marktteilnehmern ignoriert. Kräftige monatliche Umsatzzuwächse der Einzelhändler im Mai zogen den deutschen PMI auf 11-Monatshoch. Für die Eurozone signalisiert der PMI-Index gar den kräftigsten Anstieg in den Verkäufen des Einzelhandels seit April 2011. Frankreichs und Italiens PMIs blieben jedoch im Mai unter der Wachstumsschwelle.
Auch der Wochenausklang verspricht volatil auszufallen. Unter den Konjunkturdaten ragen am Freitag die wichtigen Zahlen zum US-Arbeitsmarkt heraus. Wird die Sorgenliste morgen erweitert? Sollten starke Arbeitsmarktdaten einen kräftigen Rebound der US-Konjunktur im zweiten Quartal suggerieren, könnten die Rufe nach einer raschen Zinswende lauter werden und Befürchtungen aufkommen, dass unter der allmählichen Straffung die Aktienmärkte leiden werden. In den USA sollen laut den Erwartungen im Mai wieder über 200.000 neue Jobs geschaffen worden sein. Die Arbeitslosenquote wird unverändert bei 5,4% erwartet. Die heute veröffentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe in den USA rückten wieder in die Nähe des 15-Jahrestiefs. Auch die gestrige ADP-Statistik lieferte eine positive Indikation für den Arbeitsmarktbericht.
Oberhalb des Mai-Tiefs um 11.160 Punkte bin ich nach wie vor optimistisch gestimmt. Doch mit einem Bruch des Levels könnten Korrekturängste den DAX unter die runde Marke von 11.000 Punkten drängen und Richtung 10.500 Zähler fallen lassen.

Analyse geschrieben von Niall Delventhal, Marktanalyst von DailyFX.de
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