
Fundamentaler Ausblick für den Euro: Neutral
- Euro verliert über Nacht Gewinne nach Ansturm von enttäuschenden Kennzahlen
- Euro wird voraussichtlich weiter fallen, Yen verbucht Short Profit
- Sentiment bleibt verwundbar, während Euro dank sanften Nachrichten wieder zulegt
Nach einer weiteren schwachen Performance des Euros in den vergangenen fünf Tagen, ist es wichtig auf den zurückgelegten Weg zu blicken. Hinsichtlich der Daten sind die italienischen und französischen Herstellungszahlen in den letzten Monaten gefallen, und die deutsche Wachstumsprognose für das kommende Jahr wurde ebenfalls nach unten revidiert. – Beides klare Anzeichen realer Auswirkungen der Krise auf den relativen Kern. Sogar bei der Pressekonferenz der Europäischen Zentralbank, die der Zinssatzentscheidung am Donnerstag folgte, sagte Präsident Mario Draghi, dass die “Risiken, die den Wirtschaftsausblick umgeben, weiter abwärts zeigen.” Zudem ist eine Wachstumsförderung via einer weiteren Zinskürzung bei einer mittelfristigen Zinsprognose über dem 2% Ziel im Jahresvergleich wohl eher unwahrscheinlich.
Das Thema der Wirtschaftsflaute wird in den kommenden Wochen weiterhin ein Antriebsfaktor bleiben, und ist der Hauptgrund für einen neutralen bis bärischen Ausblick für den Euro. Wir warten auf Donnerstag, wenn die französischen, deutschen, italienischen und allgemeinen Euro-Zonen Wachstumsdaten anstehen. Am Donnerstag sollte die vorläufige französische BIP-Zahl für das dritte Quartal bei 0,0% auf Vierteljahresbasis bestätigt werden. Diese wäre die gleiche Quote wie die des vorherigen Quartals, und 0,0% auf einer Jahresbasis im Vergleich zu +0,3% im Jahresvergleich für das zweite Quartal. Deutsche Wachstumsraten sollten den Prognosen nach ebenfalls nachgeben, mit einer Vierteljahreszahl bei +0,1% von +0,3% im Quartalsvergleich. Auf Jahresbasis sollte sich das Wachstum auf +0,4% von +0,5% im Jahresvergleich verlangsamt haben. Die italienischen Kennzahlen werden den Donnerstag abrunden, und werden geschätzt auf -0,5% von -0,8% im Quartalsvergleich, und auf -2,9% von -2,6% im Jahresvergleich.
Wenn wir diese Daten zusammenlegen, erhalten wir ein sehr klares Bild davon, was die Sparsamkeit für den europäischen Konsumenten bedeutet: Einkommen schrumpfen, und die Gesamtnachfrage fällt daher. Ein Wachstumsrückgang in Verbindung mit nachlassendem Preisdruck lässt vermuten, dass keine durch Nachfrageüberhang ausgelöste Inflation vorliegt – sich zusammenziehende Volkswirtschaften bauen Beschäftige ab, die weniger Geld ausgeben können, daher weniger Waren kaufen, was Firmen dazu zwingt noch mehr Stellen abzubauen, etc. An diesem Punkt erreicht mehr Stimulus möglicherweise nicht mehr als die Förderung einer Kostendruckinflation, welche Zentralbanker, besonders bei der EZB, aufgrund der deutschen Einstellung zur Inflation am liebsten vermeiden möchten.
Doch wie die Ereignisse während der Woche bereits zeigten, werden die Bedenken um Griechenland und Spanien letztendlich den Euro in dieser Woche hin- und her ziehen und drücken, wobei die Risikotendenz abwärts zeigt. Die Proteste in Griechenland halten an, und Alexis Tsipras, der in der letzten Zeit abwesende, jedoch nicht vergessene, Führer der Anti-Sparmaßnahmen und implizit Anti-Euro (hinsichtlich der europäischen Troika Parameter) Partei, ruft wiederholt nach Wahlen. Aktuelle Umfragezahlen lassen annehmen, dass die von den Neudemokraten geführte Koalition die Macht verlieren dürfte, da Syriza die Kontrolle der Regierung erlangt, und die extrem rechte Neo-Nazi Partei das dritt-höchste Kontingent an Sitzen erhält. Natürlich wird dies den Märkten nicht gefallen, schon allein aufgrund der erneuten Unsicherheit, dass Griechenland für seine gesamten Schulden zahlungsunfähig sein könnte. Zur Erinnerung: Inklusive Derivaten und Obligationen, die sich aus einer griechischen Pleite ergeben könnten, dürfte die Gesamtsumme mehr als $1 Billionen betragen.
Spanien stellt den eindeutigen Weg für einige gute Neuigkeiten aus Europa dar. Ich habe die Möglichkeiten eines spanischen Bailout lang und breit unter gegebenen schlechteren Wirtschaftsdaten und erhöhtem internationalen Druck diskutiert. Wie der momentane Zustand Griechenlands zeigt, ist der internationale Hilfeweg - besonders der von der internationalen Troika aufgezeichnete - hart und unliebsam. Falls Spanien nachgibt, auch wenn dies sich positiv auf das Vertrauen der Marktteilnehmer hinsichtlich der Teilnahme der EZB im Markt auswirken dürfte, könnte dies das Ende der gegenwärtigen Regierung bedeuten, da die bereits aufgebrachten Bürger denken, dass die Rajoy Regierung die Eigenständigkeit des Landes hergibt. Jeglicher Euroanstieg aufgrund von News um den spanischen Bailout ist nur ein weiteres Ereignis der Art "das Gerücht kaufen, die Nachricht verkaufen."
Dieser zunehmend negative Hintergrund, trotz des Potentials für den spanischen Bailout, leitet uns für die kommende Woche zu einer neutral bis bärischen Tendenz. Für den Fall, dass Spanien einen Bailout beantragt, wird unsere Prognose unvermittelt bullisch. - Und zwar für wenigstens ein paar Tage, obwohl es schwierig ist, neben diesen sehr kurzfristigen, zunehmenden, exogenen Einflüssen Stärke vorherzusehen. –CV