
Fundamentalprognose für EUR/USD: Neutral
- Die EZB-Sitzung diese Woche wird zu keinen wesentlichen Änderungen der Geldpolitik führen, obwohl es bei der Pressekonferenz zu defensiven Kommentaren von EZB-Präsident Mario Draghi kommen könnte.
- Die Euro-Stärke ist in den letzten Wochen für die geldpolitischen Entscheider zu einer Sorge geworden – sie liegt beinahe 5 Prozent über der Jahresenderwartung der EZB für 2017 bei 1,1700 USD.
- Der IG Client Sentiment Index ist kurzfristig für das Währungspaar EUR/USD nicht mehr bullisch.
Die heiße Phase des Euro gegenüber dem US-Dollar hat sich letzte Woche endlich begonnen abzukühlen. Dabei gab das Paar um -0,16 Prozent nach, obwohl die US-Regierung kurz vor einem „Shutdown“, einer Einstellung (fast) aller staatlichen Dienste, stand. Ansonsten waren die Zugewinne aber weitgestreut – fünf der sieben wichtigsten EUR-Paare lieferten in den vergangenen fünf Tagen positive Ergebnisse: EUR/AUD legte um +0,82 Prozent zu und EUR/GBP um +0.78 Prozent.
Nach einer Woche, in der das Protokoll der Dezember-Sitzung der Europäischen Zentralbank eine gewisse Absicht signalisiert hatte, das QE-Programm schon eher zurückzufahren als zuvor erwartet, erinnerten Vertreter der EZB die Marktteilnehmer daran, dass man die Zugewinne des Euro nicht einfach so laufen lassen würde. EZB-Vizepräsident Vitor Contancio und die Gouverneure Francois Villeroy de Galhau und Ewald Nowotny legten nahe, dass eine nachhaltige Stärke des Euro-Wechselkurses zu einem Hindernis im Bestreben werden könnte, die Inflation zurück zum mittelfristigen Ziel zu führen. Das scheint vor dem EZB-Zinsentscheid in dieser Woche zu der Schlüsselfrage zu führen: Wird die ansonsten nicht kontrollierte Stärke des Euro 2018 eine Veränderung des Tons von Seiten des EZB-Präsidenten Mario Draghi bewirken?
Das scheint sicherlich möglich. Der von der EZB erwartete EUR/USD-Kurs für 2018 liegt bei 1,1700 USD. Das bedeutet, der Schluss am Freitag bei 1,2214 USD lag annähernd +5 Prozent (1,2285 USD) über dem Jahresendziel – eine Schwelle, gegen die die EZB sich in der Vergangenheit sträubte, sollte sie durchbrochen werden. Angesichts dessen, dass die nächste geldpolitische Sitzungs ohne einen neuen Satz der Staff Economic Projections (SEP) ansteht – diese kommen erst wieder im März – ist es unwahrscheinlich, dass es zu einer formalen Verschiebung der Geldpolitik der EZB am Donnerstag kommen wird.
Stattdessen wird EZB-Präsident Mario Draghi die Marktteilnehmer wahrscheinlich mahnen, dass eine weitere Euro-Stärke das Erreichen des mittelfristigen Inflationsziels stören könnte. Die Belege, auf die er hinweisen kann, sind noch ganz frisch in Erinnerung: Der endgültige VPI-Report für Dezember für die Euro-Zone wies eine Gesamtteuerung von +1,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr aus. Man würde nicht zu weit gehen, wenn man nahelegen würde, dass sich eine scharfe Aufwärtsbeweung des handelsgewichteten Kurs des Euro als disinflationär erweisen würde.Die Marktmaßstäbe für die Inflation folgen nach wie vor einem Aufwärtstrend und nachdem die fünfjährigen Fünf-Jahres-Inflations-Swap-Forwards – einer der bevorzugten Inflationsmaßstäbe des EZB-Präsidenten Draghi – mit 1,765 Prozent den höchsten Stand seit dem 21. Februar 2017 erreicht haben, wird die EZB wahrscheinlich in Hinblick auf ihren aktuellen Normalisierungspfad zuversichtlich sein.
Bisher hat der Euro sich noch nicht auf die umfassendere Steigerung der Inflationserwartungen ausgewirkt und solange die Energiepreise ihre Stärke weiterhin erhalten, scheinen die Marktteilnehmer nicht dazu zu neigen, dass die Zugewinne ein derart großes Risiko darstellen.
Die Wirtschaftsdaten sind generell stark. So schloß der Citi Economic Surprise Index für die Euro-Zone am Freitag bei +54,6. Er blieb somit gegenüber dem Wert von +58,3 in der Vorwoche und von +56,5 im Vormonat relativ stabil. Wie wir während der vergangenen zwei Wochen in diesem Report bereits schrieben, scheint sich die Verschlechterung gegenüber dem letzten Monat auf den Kalenderwechsel und einen Mangel an neuen Datenveröffentlichungen gegen Ende Dezember, die die alten Daten ersetzt hätten, zurückführen zu lassen. Jetzt, nachdem wieder Daten kommen, scheint die Lage sich zu festigen.
So zeigte auch der endgültige Composite-PMI-Wert für Dezember für die Euro-Zone, dass die Wachstumsdynamik im Euro-Raum so stark ist, wie seit Januar 2011 nicht mehr. Gleichzeitig schloss der PMI für das fertigende Gewerbe in der Euro-Zone das Jahr 2017 auf einem Rekordwert. Falls die Euro-Stärke wirklich ein Problem sein sollte, werden die vorläufigen PMI-Berichte, die für die erste Februarwoche anstehen, beginnen, dies zu zeigen.
Insofern gehen wir davon aus, dass der Euro als Folge des EZB-Zinsentscheids in dieser Woche einen kleineren Rückschlag erleben wird. Allerdings keinen signifikanten und für nicht all zu lange Zeit.